Das Problem ist einfach, man nimmt das Leben generell viel zu sehr von der negativen Seite. Big Brother soll in erster Linie unterhalten und vor allen Dingen seichte Unterhaltung darstellen. Daraus eine Wissenschaft zu machen ist ziemlich schräg.
Big Brother Radio ist seit Jahren ein formatbegleitendes Unterhaltungsformat. Kurzweilig, flappsig, gut gemacht, mit Herzblut gestaltet, kodderschnauzig, mal bissig, mal kuschelig, laut und leise, emotional und mit Distanz, vergeistigt, lustig, ernster, böse oder lieb und so weiter - das ließe sich schier endlos fort führen. Aber: Über die gesamte(n) Staffel(n) gesehen, gelesen und gehört ist stets für jeden Geschmack etwas dabei, denn die Mischung stimmt.
Es darf niemals vergessen werden, über was reden wir hier überhaupt: Big Brother. Im Grunde also um Trash TV. Nicht arte oder Phoenix sind die Broadcaster. RTL2. Deutschlands Tittensender Nummer 1. Ich spare mir die ganzen Formate aufzuzählen, die dieser Sender durchgewalkt und totgeritten hat.
Wer nun in diesem Senderumfeld hochgeistige Formatbegleitung erwartet und die Niveaufahne durchs Land tragen möchte, der sollte sich
nach meiner Meinung überlegen, ist er bei dem Format gut aufgehoben. Ich wage sogar die Wette, der Großteil der Zuschauer schaut gerade BB, weil es eben mit Niveau und anspruchsvoller Unterhaltung so gar nichts zu tun hat. Big Brother ist wie ein Quickie in Endlosschleife: Schnell gefickt, gut gekommen und tschö. Beliebig oft am Tage wiederholbar.
Das ganze Format ist darauf angelegt, dass die niedersten Instinkte des Zuschauerviehs, also uns, befriedigt werden. Voyeurismus rult. Es werden über den Cast gezielt Zuschaueremotionen angesprochen und das nicht erst seit gestern. Wieso soll sich das nicht im Begleitungsumfeld des Formats - Blogs, Foren, Radiosendungen - wiederspiegeln? Das Format ist trashy, aber die virtuellen Begleiter und Zuschauer geben eine Sonderausgabe des literarischen Quartetts zum Besten? Wie kaputt wäre das denn bitte?
Ist die Aussage "das ist ja wie Behinderte ficken" ein Aufreger? Nein, natürlich nicht - zumindest dann nicht, wenn es in einem erklärenden Kontext steht, den man aber verstehen muss. Sieht man jedoch nur den Terminus für sich alleine stehend, kann er als vermeintliches Keyword bei selektivem Zuhören schon die Synapsen peinigen. Ich hätte übrigens auch sagen können "das ist so, als würde ein Erwachsener mit hoher Bildung ein Vorschulkind flachlegen" - denn es unterstreicht die Verwerflichkeit des Tuns. Oder "das ist wie eine Schlafende ficken"- was nicht umsonst eine Straftat ist, denn man ist der Möglichkeit der sexuellen Selbstbestimmung beraubt und gilt als Widerstandsunfähiger.
Und nun komme ich mal zum Punkt. Der Ausspruch "das ist wie Behinderte ficken" beschreibt im Grunde nur den Paragraphen 179 StGB.
§ 179
Sexueller Mißbrauch widerstandsunfähiger Personen
(1) Wer eine andere Person, die
1. wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder
2. körperlich
zum Widerstand unfähig ist, dadurch mißbraucht, daß er unter Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.
Das ist es, auf was sich dieser umgangssprachliche Ausspruch bezieht und nichts sonst. Diesen Grundsatz übertrage ich auf viele Lebensbereiche. So auch darauf, wenn man einen Menschen massiv fertig macht, der eigentlich zu Widerstand absolut unfähig ist und um dessen Unfähigkeit zum Widerstand oder Konter man weiß. Solche Situationen umschreibe ich seit Äonen völlig problemlos und unwidersprochen mit dem Satz "das ist wie Behinderte ficken". Wer will mir das auch untersagen? Und wieder greift: Ich bin dafür verantwortlich, was ich sage, singe oder schreibe - nicht aber dafür, was Dritte daraus verstehen oder gar vorsätzlich mißverstehen wollen.
Besonders spannend finde ich immer wieder die An- und Vorwürfe der Selbstdarstellung. Das ist größtes Tennis. Nein, eigentlich sind es eher argumentative Paralympics - womit wir wieder bei Paragraph 179 Strafgesetzbuch und Behinderten wären. So schließt sich der Kreis.
Wir alle schauen seit Jahren ein Format, was auf reinem Hang zur Selbstdarstellung und Exhibitionismus fußt. Big Brother ist Selbstdarstellung pur. Nun zahlen also Menschen Geld - z. B. für Sky (ehemals Premiere), Livestreams, Votings, Radiosendungen usw. - um diese Selbstdarsteller zu beobachten. Weil sie Spaß an deren Selbstdarstellung haben. Ohne Selbstdarstellung kein BB (achte mal darauf, wie oft das Keyword "Selbstdarstellung" hier vorkommen MUSS).
Selbstdarstellung im TV sowie als ganzes Format ist gut und würdig, dass man als vouyeuristischer Konsument dafür Geld ausgibt. Und es ist ja nicht eben wenig Geld. Selbstdarstellung im Umfeld des Selbstdarstellungsformates ist aber pfui und ganz schlimm "Autobahn"? Wer den Unsinn und Widerspruch erkennt, der möge mal kurz aufzeigen.
BB lebt, und zu dieser Aussage lasse ich mich gerne hinreißen, im Haus und außerhalb des Hauses von Selbstdarstellern. Ohne diese Personen im Container und im direkten Formatumfeld wäre Big Brother längst abgefrühstückt.
Ein weiterer und absolut haltloser Quark ist die Selbstverliebtheitskeule. Natürlich liebe ich mich selbst und zweifellos bin ich auch in mich selbst verliebt, denn wie zur verfickten Hölle soll ich meine Frau, unseren Sohn, unsere Familie oder das ganze verkackte Leben lieben, was teils echt beschissen ist, wenn ich mich nicht selbst liebe? Ich finde mich gut, ich finde mich geil, ich mache mich selbst scharf, ich liebe mich und das ist gut so! Wer sich nicht selbst lieb, sich selbst scheiße findet, ist doch eine selten arme Sau. Was will so ein Menschen Dritten (Personen, nicht den Dritten in der Kauleiste) an Liebe geben? Was lebt dieser Mensch seinen Lieben vor, stellt er sich stets selbst in Frage?
Selbstreflexion ist eine der abartigsten Perversionen der gutmenschlichen Neuzeit. Jeder Turnschuh hat sich, seine Worte, seine Handlungen, sein Denken und sein Dasein 24/7 zu hinterfragen und in Frage zu stellen. Kiss my fucking ass! Ich bin da, ich lebe, also deal with it. Seid mal mehr Benson.
Es wundert mich nicht, dass heute schon kleinste Kinder mit Pharmazeutika vollgepumpt als laufende Indentitätskrisen durch die Gegend rennen. Das liegt daran, dass ihnen aufgedrückt wird, sie haben sich ständig zu fragen, ob all ihre Handlungen und Aussagen politisch korrekt sind. Hinterfragen, hinterfragen über alles!
Ich scheiße auf politische Korrektheit, denn das ist die Geißel der Neuzeit. Schuldkult pur. Du kommst auf die bepisste Welt und bist per se schuldig. Für und wegen was wird sich schon finden. Überall warten nur Heerscharen von Affen darauf, sich wegen irgendwelcher Aussagen oder Handlungen angepisst zu fühlen. Gerade Deutschland ist das Land der Dauerbeleidigten, der Dauernörgler und Dauerunzufriedenen. Drauf gehustet. Ich mache diesen Anpassungskaspertanz nicht mit. Habe ich nie, werde ich nie.
So, nun ist das BB-Umfeld ein Spiegel der Gesellschaft. Klar dass sich dort auch die Dauernörgler finden. Die 24/7-Unzufriedenen. Die Berufsbeleidigten. Sollen sie. Aber so wie ich ihnen meinen Lifstyle nicht aufnötigen will, sollen sie mir und anderen Menschen ihren Lebensstil nicht aufzwängen. Sie sollen das Format so schauen, wie sie es mögen. Sie sollen Formatbegleitungen wie BB-Radio so konsumieren, wie sie es wollen. Aber sie sollen bitte die Finger davon lassen anderen Menschen vorschreiben zu wollen, wie sie BB zu sehen oder was sie an BB-Radio zu mögen haben. Und wenn Kluft zwischen eigener Anspruchshaltung und der tatsächlichen Darbietungsform zu weit auseinander geht - einfach abschalten. Ob generell oder nur bei einzelnen Protagonisten bleibt offen. TV, Internet und Radioformate sind kein Zwang, kein Muss und niemand überwacht mit einer Strichliste die Teilnahme.